Kritik an Schnelltests für Pflegeeinrichtungen wächst
"Tests sind hilfreich und können Ansatzpunkte liefern, aber sie sind nicht die Lösung aller Probleme. Zudem sind sie ein gewaltiger Aufwand für das ohnehin schon ausgelastete Pflegepersonal", gibt Bettina Wiebers zu bedenken. "Und beim Personal liegt das größte Problem. Durch Quarantäne haben viele Pflegeeinrichtungen ohnehin eine höhere Ausfallquote als üblich - und nun soll das Pflegepersonal auch noch jede Menge Tests vornehmen und auswerten?"
Die Musterrechnung für unseren Verband verdeutlicht, welch gewaltige Dimensionen flächendeckende asymptomatische Testungen annehmen können: Wenn wir alle uns nach dem Gesetz zustehenden Tests durchführen würden, kämen wir bei 965 Mitarbeitenden in den Bereichen Pflege, Betreuung und Fahrdienst plus 80 Seniorenheim-Bewohnern plus 287 Tagespflege-Gästen plus 45 Bewohnern in den Senioren-Wohngemeinschaften auf knapp 7800 Tests im Monat. In Worten: siebentausendachthundert Tests pro Monat!
Zusätzliche 20 Vollzeitstellen wären erforderlich
Für jeden Test müssen zwischen 20 und 30 Minuten Bearbeitungszeit veranschlagt werden, was einen personellen Aufwand von mindestens 3500 Mitarbeiterstunden pro Monat bedeutet. Das wären rund 20 Vollzeitstellen in unserem Verband. Das ist absolut unmöglich. Darüber hinaus lassen sich diese Testmengen gar nicht beschaffen. Also sollte bei knappen personellen und sächlichen Ressourcen auch genau geschaut werden, bei wem denn nun die Durchführung eines Antigen-Tests hilfreich sein kann.
Bettina Wiebers betont: "Der Schutz von Menschen hat für uns natürlich oberste Priorität! Aber den verbessert man nicht durch Antigen-Tests. Wenn ein Tagespflege-Gast mit Symptomen einen negativen Antigen-Test hat, lassen wir ihn dann in unsere Einrichtung - und gefährden alle anderen Gäste? Das ist nicht klug. Das Restrisiko ist einfach zu groß. Es muss doch viel genauer betrachtet werden, wie wichtig es ist, die anderen 19 Gäste zu schützen."
Fokus auf bestmögliche Schutzmaßnahmen legen
Der Caritasverband für den Kreis Soest plädiert dafür, den Fokus auf bestmögliche Schutzmaßnahmen für die Bewohner seines Seniorenwohnheims, die Gäste der Tagespflegen und Klienten der ambulanten Pflege sowie natürlich der eigenen Mitarbeitenden zu legen. Zu diesem Zweck eignen sich bestens FFP2-Masken, die einen hochwirksamen Schutz vor Virenübertragung durch Aerosole bieten. Bei allen pflegerischen Maßnahmen tragen die Caritas-Mitarbeiter bereits seit Wochen FFP2-Masken. Ebenfalls ohne großen Aufwand umzusetzen: Besucher mit Symptomen konsequent nicht in die Einrichtung lassen. Wer Symptome aufweist, die auf eine Corona-Erkrankung hinweisen könnten, der soll bitte zu hause bleiben. Und dafür haben in dieser Zeit auch Tagesgäste, Angehörige und Besucher größtes Verständnis.
Für flächendeckende asymptomatische Tests fehlen die Kapazitäten
"Diese Schnelltests werden gerade als tolles Geschenk an Pflege-Einrichtungen gehypt, aber sie sind auch eine weitere Aufgabe, die Pflegeanbieter mit dem ohnehin schon knappen Personal stemmen müssen. Das ist eine weitere Mehrbelastung für die Pflegefachkräfte", fasst Bettina Wiebers zusammen. Dabei sehen wir sehr wohl sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für die schnellen Antigen-Tests: wenn diese denn anlassbezogen durchgeführt werden. Mitarbeitende bei leichten Symptomen testen und zusätzlich 24 Stunden warten, das macht durchaus Sinn. Aber für flächendeckende asymptomatische Tests von Patienten und Besuchern fehlen die Kapazitäten.