MdL Marlies Stotz zu Besuch in der Lippstädter Beratungsstelle für Eltern, Jugendliche und Kinder
In der Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Jugendliche und Kinder in Lippstadt informierte sich die Landtagsabgeordnete Marlies Stotz über die schwierige Situation von Familien mit Unterstützungsbedarf. Von links: Sabrina Schütte (Psychologin), Amalia Fernandez-Pastrana (Psychologin), Anne Bunse-Stempel (Sozialarbeiterin und Teamleitung), Marlies Stotz (MdL) und Lutz Gmel (Caritas-Vorstand).Julia Kersten
Nach einem intensiven Austausch über eineinhalb Stunden waren sich die Gesprächspartner einig: Das System "Familie" hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Es ist vielfältiger und bunter geworden und steht vor riesigen Herausforderungen. Gesellschaft und Politik sollten dieses zentrale Element der Zukunft nicht aus dem Blick verlieren.
In der Beratungsstelle der Caritas für Eltern, Jugendliche und Kinder in Lippstadt sind einfach gelagerte Fälle selten geworden. "Früher gab es eher schlichte Erziehungsfragen, die uns erreichten. Zum Beispiel welche Schule ist die richtige für mein Kind, mein Baby schläft nicht durch, mein Kind ist so schüchtern", erzählt Sozialarbeiterin Anne Bunse-Stempel, die als Teamleitung demnächst ihr 40-jähriges Dienstjubiläum feiert. "Heute sind die Fälle viel komplexer und vielschichtiger geworden und erfordern eine längere Zeit der Begleitung. Einen sehr großen Teil nimmt die Beratung von Familien in einer Trennungs- oder Scheidungs-Situation ein. Oft sind die Familien hoch zerstritten und die Kinder haben einem enormen Leidensdruck."
Beratungsstellen müssen häufig auch psychotherapeutische Unterstützung leisten
Caritas-Psychologin Sabrina Schütte fügt hinzu, dass die Beratungsstellen häufig auch psychotherapeutische Unterstützung leisten müssen. "Das ist eigentlich nicht unsere Aufgabe, aber die niedergelassenen Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten sind vollkommen überlaufen und haben zum Teil sehr lange Wartelisten. Da müssen wir das Familiensystem stabilisieren und enger auch therapeutisch begleiten." Dieses Problem hat sich in der Corona-Pandemie noch verstärkt: "Wir sehen immer mehr Jugendliche mit Ängsten, sozialen Phobien, Zwangsstörungen oder Online-Suchtverhalten."
In den vergangenen Lockdown-Monaten waren die Caritas-Beratungsstellen für etliche Familien mit Problemen einer der raren Rettungsanker. "Uns haben mehrere Familien berichtet, dass wir die einzigen waren, die noch präsent waren", berichtet Psychologin Amalia Fernandez-Pastrana. Viele andere Stellen oder Behörden seien zeitweilig leider gar nicht mehr erreichbar gewesen.
Sorgen bereitet auch der zu erwartende Mangel an Fachpersonal in den Beratungsstellen. Caritas-Regionalleitung Julia Kersten berichtet von dem bevorstehenden Generationswechsel in den Standorten: "Es wird immer schwieriger, geeignete pädagogische Fachkräfte zu gewinnen. Auf ausgeschriebene Stellen gibt es kaum noch Bewerbungen. Ich würde mir wünschen, dass wir mit gezielten Weiterbildungsangeboten wieder mehr interessierte Bewerber gewinnen könnten. Allerdings gibt es bislang hier keine Refinanzierung durch die Kostenträger."
Lutz Gmel: "Als Träger würden wir uns mehr Wertschätzung und finanzielle Unterstützung für die Erfüllung dieser wichtigen Aufgabe von der Politik wünschen.
Caritas-Vorstand Lutz Gmel fasst die Situation so zusammen: "Die Familien befinden sich in einem Hamsterrad. Die Anforderungen werden immer komplexer. Der gesellschaftliche Druck, unter dem die Familien stehen, ist enorm gestiegen und spiegelt sich eins zu eins in den Beratungsstellen wider. Daher würden wir uns als Träger mehr Wertschätzung und finanzielle Unterstützung für die Erfüllung dieser wichtigen Aufgabe von der Politik wünschen."
Marlies Stotz dankte für den informativen und offenen Gesprächsaustausch und unterstrich: "Familien stehen angesichts des gesellschaftlichen Wandels heute mehr denn je unter Druck. Die Beratungsstellen leisten hier einen wertvollen Unterstützungsbeitrag für Eltern sowie Kinder und Jugendliche. Die Politik ist gut beraten, wenn sie die Leistung der Familienberatung auch auskömmlich berücksichtigt."