In den Räumen der OGGS-Johannesschule wurden die Unterschriftenlisten übergeben (v. l.): Petra Leue (PariSozial), Anja Wette (Caritas), Bernd Ellersiek (Rektor Johannesschule), Sandra Hollek (Caritas OGGS-Koordination), Gudrun Brandes (Forum Jugendarbeit), Heinrich Frieling, Petra Duling (Leitung OGGS Johannesschule), Jörg Blöming, und Kerstin Weitemeier (PariSozial).
Mit der Übergabe der Unterschriftenlisten an die beiden heimischen CDU-Abgeordneten im Landtag Nordrhein-Westfalen endete die landesweite Kampagne, der sich im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis die Träger der Offenen Ganztagsschule (Caritas Kreis Soest, Diakonie Ruhr-Hellweg, das Forum Jugendarbeit und PariSozial) angeschlossen hatten. Die Kampagne endete zwar - der Kampf um eine höhere und vor allem sichere Förderung aber geht weiter.
Für die beiden heimischen Landtagsabgeordneten, Jörg Blöming und Heinrich Frieling, die zum 90-minütigen Gespräch mit den OGGS-Betreibern auf Kreisebene in der Soester Johannesschule gekommen waren, kam es knüppeldicke: Die Gastgeberinnen gaben umfangreiche Informationen über das Erfolgsmodell Offener Ganztag und machten dabei mehr als deutlich, dass 14 Jahre nach Gründung der ersten OGGS die Finanzierung fast auf dem Level des Jahres 2003 stehengeblieben ist. Irene Düring (Diakonie Ruhr-Hellweg): "Es geht um gleiche Bildungschancen für alle Kinder, es geht für die Eltern um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf." Doch landeseinheitliche Standards fehlen, obwohl die Anzahl der Kinder, die einen Offenen Ganztag besuchen, kontinuierlich steigen.
Die Abgeordneten wurden genau 100 Tage nach ihrer Wahl mit knallharten Fakten aus dem Alltag konfrontiert. Der Erfolg des Offenen Ganztags, der sich in immer höheren Anmeldezahlen niederschlägt, findet bei den Kommunen nur bedingt Reaktionen. Eine Gemeinde, die selbst in der finanzielle Klemme steckt, wird nicht so eben die längst benötigte Neuanschaffung einer leistungsstarken Geschirrspülmaschine genehmigen. Das ausreichende Raumangebot der Anfangsjahre reicht längst nicht mehr aus, wie auch die Kinderbetreuung und -förderung durch Fachkräfte immer wieder neu austariert werden muss.
Natürlich wurden im Lauf der 14 Jahre Qualitätsstandards entwickelt, sie können aber nur mit einer höheren und verlässlichen Förderung garantiert werden. Das leuchtete auch MdL Heinrich Frieling ein. "Ich bin überrascht von der Vielzahl der Probleme"; erklärte der Abgeordnete aus dem westlichen Kreisgebiet. "Da stehen ja ganz harte Themen wie Fachkräftemangel und Finanzierung im Raum."
Unbestritten war in dieser Gesprächsrunde, dass Fachkräfte nach Tarif bezahlt werden müssen, unbestritten auch die Forderung, dass nur eben diese Erzieherinnen mit weiterem Personal den OGGS-Kindern die erforderliche Förderung in Ausbildung und Freizeit vermitteln können. "Kinder brauchen auch Zeit für die freie Selbstentfaltung, für Entwicklung- und Lebensraumgestaltung", erläuterte Kerstin Weitemann (PariSozial), wo es überall mangelt. Die Träger aller Offenen Grundschulen kritisierten heftig, dass Schulbegleiter (Inklusionsassistenten) in der Unterrichtszeit ihr jeweiliges Kind wirkungsvoll fördern - am Nachmittag aber, im offenen Ganztag, müssen die Betreuungskräfte sich auch darum kümmern.
Sei es das Kind, das unter Diabetes leidet und sehr sorgfältig beobachtet werden muss, seien es Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen - was während der Unterrichtszeit vom Gesetzgeber gewährt werde, dürfe doch am Nachmittag nicht den Betreuungskräften zusätzlich aufgebürdet werden. "Wir brauchen für den Offenen Ganztag eine gesetzliche Regelung", forderte Sandra Hollek. "Eine gesetzliche Regelung so wie die, nach der Kinder ab dem dritten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung haben." Denn letzten Endes, da war sich die Diskussionsrunde einig, müssen heute oft beide Elternteil arbeiten und sind auf die Betreuung nach dem Unterricht dringend angewiesen.
An dieser Stelle wurde der Titel der Kampagne "Gute OGGS darf keine Glücksache sein" noch einmal mit konkretisiert: Bei einer angemessenen, gesetzlich verankerten Förderung werden Elternbeiträge nicht mehr entscheiden, ob ein Kind nachmittags zur OGGS darf oder nicht. Dann wären auch die immer wieder auftauchende Diskussion um die Kosten für das Mittagessen endlich vorbei und Mitarbeiterinnen, die bislang jeweils nur Zeitverträge erhalten, könnten auch mit der Arbeit im Offenen Ganztag spätere Rentenzahlungen erwirtschaften.
Die beiden Landtagsabgeordneten zeigten sich beim Abschied beeindruckt. Jörg Blöming erklärte mit Blick auf den Haushalt: "Wir tragen das, was Sie uns berichtet haben, in die Fraktion. Die Frage der Finanzierung bleibt auf dem Schirm der Fraktion." Und Heinrich Frieling: "Im Koalitionsvertrag ist der gesetzliche Anspruch auf einen OGGS-Besuch vorgesehen. Allerdings ist dazu die Beteiligung des Bundes nötig. Es ist wie immer ein Entwicklungsprozess."
Zeitgleich zum Besuch der Abgeordneten in Soest wurde in Düsseldorf erklärt, dass Land und Bund bis zum Jahr 2020 ungefähr 286 Millionen Euro für den Ausbau von Kindestagesbetreuung (bis Schuleintritt) investieren wollen.