Wer zählt zu den "Tafel"-Kunden, wer ist berechtigt, wie viele Menschen erhalten hier Unterstützung, wie klappt es eigentlich mit der Verständigung, wenn deutsche Sprachkenntnisse nur rudimentär vorhanden sind?
Viele Gäste aus Politik, Verwaltung, den Kooperationspartnern und den örtlichen Organisationen nutzten das Fachgespräch Lippstädter Tafel, zu dem der Caritasverband ins Nicolai-Pfarrzentrum eingeladen hatte. Foto: Caritas
Vorstand Thomas Becker vom Caritasverband im Kreis Soest, der seit 1999 die Tafel koordiniert, konnte später wirklich eine lebhafte Diskussionsrunde moderieren. Zu den sehr interessierten Gästen, die den Informationsabend nutzten, zählten neben Hausherrn Pfarrer Peter und den Vertretern der Stadt auch Fachleute aus den Ratsfraktionen, Delegierte der Dr.-Arnold-Hueck-Stiftung und der Kooperationspartner, darunter auch der Sozialdienst Katholischer Männer. Seine Vertreterin hatte an diesem Abend angesichts der Tatsache, dass gerade bei syrischen Flüchtlingen hohe Sprachbarrieren zu überwinden sind, einen Vorschlag parat: "Da haben wir jemanden bei uns, der könnte übersetzen." Thomas Becker nahm diese Anregung ebenso dankbar entgegen wie die von Pfarrer Peter angesprochene Möglichkeit, im Saal des Nicolai-Hauses eine Tafel-Cafeteria zu betreiben: "Dann hätten wir nicht nur unten die Markthallen-Atmosphäre. Dann könnten die Tafelkunden auch mal gemütlich Kaffeetrinken, Zeitung lesen oder Karten spielen."
Rund 150 Haushalte kaufen pro Verkaufstag an einer der vier Ausgabestellen Lebensmittel preisgünstig ein: im Pfarrzentrum Nicolai, imRoncalliheim, im Treff am Park (TAP) oder im Bastertweg 27 (Jump in). Wer einkauft, muss sich ausweisen: Sei es alsEmpfänger von Arbeitslosengeld II (Hartz IV), von Sozialhilfe oder Rentner mit Grundsicherungsleistungen. 150 Haushalte - das sind rein rechnerisch vier bis fünf Personen. "Wir kennen viele von ihnen", erklärte Willi Pieper. Deshalb wird bei einer größeren Familie mal etwas mehr ausgegeben, mal wird der Preis noch einmal gesenkt,, mal gibt es Lebensmittel kostenlos. Oft ist auch Spontanität gefragt: Das kann z. B. der Fall sein, wenn der SKM einen Nichtsesshaften telefonisch ankündigt und vorbeischickt.
"Wie ist das Image der Tafel? Ist der Einkauf bei der Tafel noch mit Scham besetzt? Das war eine der Fragen, bei der großes Mitgefühl für die betroffenen Menschen offenbar wurde. "Mir war das am Anfang sehr peinlich", berichtete eine Betroffene. "Aber jetzt helfe ich als Ehrenamtliche mit. Das ist schön." Thomas Becker wies auf einen besonderen Aspekt hin: "Wir haben im Kreis unserer rund 35 Ehrenamtlichen viele, die selbst Kunden sein könnten. Sie wollen gern mitarbeiten." Immer wieder packen aber auch Menschen mit an, die vom Gericht zum Ableisten von Sozialstunden geschickt wurden. Da hat sich herausgestellt, dass etliche von ihnen den Einsatz bei der Tafel als Starthilfe in geregelte Arbeitsverhältnisse nutzen. Willi Pieper: "Auf Wunsch erhalten sie von uns am Ende auch ein Führungszeugnis. Damit haben manche wieder beruflich Fuß gefasst."
Auch das Thema der "Lebensmittelbeschaffung" wurde intensiv diskutiert. Jeder, der in der Tafel sich Unterstützung holt, wird mit großer Wertschätzung empfangen. Aber nicht jeder geht mit der erhofften Menge wieder heim. "Bei uns werden Lose gezogen. In der Reihenfolge werden die Kunden bedient", erläuterte Willi Pieper. "Gerade in den zwei Monaten nach dem Dreikönigstag geht die Spendenflut deutlich zurück." Auch die Brotspenden, in früheren Zeiten reichlich, gehen angesichts der Halbpreisaktionen in den Bäckereien selbst deutlich zurück. Umso dankbarer sind die Tafel-Mitarbeiter, dass es immer noch viele Märkte gibt, die ihre nicht mehr verkäuflichen, aber noch verzehrfähigen Lebensmittel der Tafel spenden. Dieses ehrenamtliche Engagement wird von der Caritas ebenso hoch geschätzt und mit Dankbarkeit angenommen wie die Geldspenden, mit denen Einzelpersonen, Vereine, Gruppen und Firmen ihre Unterstützung zum Ausdruck bringen.