Kreis Soest. Sie kennen das Leben draußen aus Fernsehen und Radio. Das Handy aber ist tabu, so wie alle modernen Medien hinter den Mauern der JVA verboten sind.
Suchen gestandene Männer und Frauen für die Ehrenamtsarbeit in der JVA Werl: Caritas-Vorstand Thomas Becker, Ehrenamtskoordinatorin Claudia Wetter und Pfarrer Adrian Tillmanns, ev. Seelsorger in der JVA Werl (r.). Caritas
Die 863 Männer, die in der JVA Werl lange Haftstrafen verbringen, leben in einer hermetisch abgeschlossenen Welt. Soziale Kontakte, die in den ersten Jahren der Haftzeit noch bestanden haben mögen, gehen oftmals verloren.
Das ist eine Situation, die Pfarrer Adrian Tillmanns, in der JVA als evangelischer Seelsorger tätig, ändern will: Er und seine Kollegen vom Seelsorgedienst und vom Sozialdienst suchen Ehrenamtliche - für Einzelbesuche bei Inhaftierten sowie für "Kontaktgruppen", in denen sich mehrere Ehrenamtliche mit einer Gruppe von Inhaftierten zusammensetzen, um sich zu bestimmten Themen auszutauschen oder um einfach miteinander zu reden. Pfarrer Tillmanns: "Es gibt bereits seit vielen Jahren Ehrenamtsarbeit auf diesen Gebieten in der JVA, aber leider nimmt die Zahl der Engagierten immer mehr ab. Wir brauchen dringend Verstärkung. Ich kenne viele Inhaftierte, die überhaupt keine sozialen Kontakte nach Außen mehr haben und das Angebot eines ehrenamtlichen Besuches sehr gerne in Anspruch nehmen würden." Rund 100 Langstrafige hoffen auf solche Gesprächskontakte und blicken vielleicht sogar mit ein klein wenig Neid auf die derzeit 50 Inhaftierten, die feste Termine zum Reden mit rund 25 Ehrenamtlichen aufbauen konnten.
25 Ehrenamtliche aber sind viel zu wenig. Der Caritasverband im Kreis Soest greift deshalb eine Anregung des Vereins für Straffälligenhilfe Werl, dem auch das Seelsorgerteam der JVA angehört, auf und sucht Ehrenamtliche, die sich solche Besuche hinter den Mauern der JVA zutrauen. "Da sind spannende Begegnungen zu erwarten", deutete Caritas-Vorstand Thomas Becker bei der Vorstellung des Projekts an, welch unbekannte Welt sich für die Ehrenamtlichen öffnen wird. Dabei werden die gesuchten "gestandenen Männer und Frauen ab 25 Jahren" aber keineswegs eine "Einbahnstraße" beschreiten. "Sie werden es mit einer sehr dankbaren Klientel zu tun haben", brach Tillmanns eine Lanze für die Männer hinter Gittern. "Die Ehrenamtlichen werden sehr viel zurückerhalten. Das ist eine Win-Win-Situation für beide." Vertrauen, Offenheit, Partnerschaft - sie prägen die bereits bestehenden Kontakte, von denen einige seit fast 25 Jahren bestehen. Denn die Ehrenamtlichen, die regelmäßig die JVA aufsuchen, genießen hohes Ansehen hinter Gittern. Tillmanns: "Dieses Interesse, diese Gesprächsbesuche werden sehr respektiert. Das will niemand kaputt machen."
Natürlich werden die Männer und Frauen, die sich auf diese "unbekannte Welt" einlassen, umfangreich auf diese besondere Art der Begegnung vorbereitet. Vier Treffen zu jeweils zwei Stunden sind geplant, davon findet ein Treffen in der JVA statt. Diese Qualifizierung dient dazu, eigene Sicherheit zu gewinnen und zu erkennen, ob diese Aufgabe die Richtige ist.
Die Abende gliedern sich so: Dienstag, 6. März: Einstieg: Freiwillig in den Knast - verrückt oder was? Wo werde ich wie und wie oft gebraucht. Und was erwartet mich"; Dienstag, 13. März: "Begegnung mit Gefangenen - Lebensläufe/Erfahrungsberichte/Fragen"; Dienstag, 20. März: Ortstermin - Besuch in der JVA Werl, Einblick vor Ort und rechtliche Bestimmungen - mit Ulli Müller, Leiter des Sozialdienstes JVA Werl; Dienstag, 27. März: Motivation und Entscheidung - Möglichkeiten eines Engagements". Die Abende beginnen jeweils um 19 Uhr bei der Caritas Soest, bzw. in der JVA Werl, Langenwiedenweg 46. Der Termin am 20. März beginnt bereits um 18 Uhr.
Wenn eine ehrenamtliche Aufgabe aufgenommen wird, stehen die Mitarbeiter des Sozialdienstes und die Seelsorger für begleitende Gespräche gern zur Verfügung. Es werden zudem regelmäßige Reflektionstermine für alle Ehrenamtlichen angeboten. Der Zeitumfang der ehrenamtlichen Aufgabe beträgt bei Einzelbesuchen ca. alle vier bis sechs Wochen 90 Minuten und bei der Teilnahme an den Kontaktgruppen einmal im Monat einen Abend (zwei Stunden). Gesucht werden Männer und Frauen ab 25 Jahren, die im Kreis Soest wohnen. Wer Interesse hat, setze sich mit Claudia Wetter beim Caritasverband Soest unter der Telefonnummer 02921/ 02921/3590-16 in Verbindung. Sie gibt in einem persönlichen Gespräch weitere Details zu der Aufgabe.
Bildzeile: Suchen gestandene Männer und Frauen für die Ehrenamtsarbeit in der JVA Werl: Caritas-Vorstand Thomas Becker, Ehrenamtskoordinatorin Claudia Wetter und Pfarrer Adrian Tillmanns, ev. Seelsorger in der JVA Werl (r.). Foto: Caritas