Werl. "Man kann erstaunlich viel in zweieinhalb Stunden unternehmen.” Ursula Steinhoff kann das beurteilen. Sie ist pädagogische Mitarbeiterin mit Leitungsfunktion bei der Caritas im Kreis Soest und sorgt gemeinsam mit Susi Briesemeister dafür, dass den zehn Jugendlichen an der Petri-Hauptschule Werl die Zeit zwischen Unterrichtsende und Heimweg nicht lang wird. Noch sind es zehn, die montags bis donnerstags jeweils von 13.30 bis 16 Uhr zur Nachmittag-Betreuung kommen. "Wir freuen uns, wenn es mehr werden”, hofft Steinhoff, dass sich das Angebot bei den Eltern herumsprechen wird. "Bestimmt”, fügt Rektor Heinz-Wilhelm Baimann hinzu, "wenn erst das Wetter schlechter wird…”
Seit den Sommerferien macht die Caritas im Kreis Soest allen Petri-Hauptschülern dieses Angebot der Nachmittag-Betreuung. Als die Kolpingsbildungsstätte sich aus Werl zurückzog, musste sie auch diese Maßnahme aufgeben. Der Caritas-Verband sprang ein und verlagerte als erstes das Domizil. Mussten die Jugendlichen früher für einige hundert Meter das Schulgelände verlassen, steuern sie heute einfach die einstige, bereits umgebaute Schwimmhalle an.
Fühlen sich an der "Chiller-Straße" sehr, sehr wohl: Laura, Melanie, Patrick, Telson, Enes und Loren mit Ursula Steinhoff und Susi Briesemeister
Zur Erleichterung von Schulleiter Baimann, der damit eine Sorge um die Sicherheit der Schüler los ist. Der große Raum stand zur Verfügung und war schnell hergerichtet. Warmes Gelb-Rot an den Wänden, eine kleine Küche, Tische, Stühle, ein Billard und dazu die neue, von den Jugendlichen selbst geschaffene Ecke zum Chillen - hier fühlen sich die zehn sehr, sehr wohl. So wohl, dass sie den Raum spontan in "Chiller-Straße” umgetauft haben. "Die Betreuung hat enorm an Attraktivität gewonnen”, bestätigt Rektor Baimann. Auch Ursula Steinhoff, die sich derzeit auf ihr Examen im Fach Pädagogik an der Fachhochschule Paderborn vorbereitet und damit mitten im Thema steht, hat eine große Identifikation festgestellt: "Es sind ihre Räume hier, es ist ihr Zuhause.”
Wie Zuhause öffnet sich die Tür und die Jugendlichen kommen mit großem Schwung rein, begrüßen die beiden Betreuerinnen, erzählen, kichern und packen dann die Taschen aus. Zuvor aber gibt es das Mittagessen, der Caterer hat diesmal Hähnchenbrustfilet mit Kartoffelgratin gebracht, dazu gibt es frischen Salat. 1,50 Euro kostet jede Mahlzeit, die dampfend aus den Wärmebehältern kommt. Die Jugendlichen langen zu und räumen nach der gemeinsamen Mahlzeit den Tisch wieder ab. "Auch dabei ist uns die familienähnliche Situation wichtig, alle helfen mit”, so Ursula Steinhoff. Am Esstisch finden die ersten Gespräche statt, sie hört von Erfolgen und frustrierenden Erlebnissen, kann trösten und loben, raten und anspornen. Und darauf bestehen, dass nach dem Essen die Hausaufgaben gemacht werden. Mathe ist angesagt. "Deswegen bin ich hier, weil ich bei Mathe gefördert werde”, erzählt einer ganz offen. Ruhig und konzentriert machen sich die Jugendlichen ans Werk. Heute ist es besonders ruhig, vier haben sich abgemeldet. "Es ginge aber auch gut, wenn wir mehr wären”, erklärt Steinhoff. "Wir haben noch einen Klassenraum in Reserve, den wir auch nutzen können.”
Dann werden die Hefte zugeklappt, dann beginnt das Wochenprojekt. Diese Woche steht unter dem Motto "Wir zeigen Profil”. Die ersten Scherenschnitte hängen schon an den Wänden, selbstgeschossene Fotos werden folgen. Am letzten Projekttag steht die "Ich-finde-Dich-gut-Runde” an. Kritisieren ist leicht, aber ein ehrliches Lob auszusprechen, das will auch gelernt sein. "Die Jugendlichen erfahren sehr viel dabei”, weiß Ursula Steinhoff und hat dabei schon das Thema der nächsten Wochen im Blick. Dann heißt es "Wir stellen uns vor”, wobei es einen Steckbrief von jedem Jugendlichen gibt. Und auch Traumreisen werden gestartet.
Dass sie nach dem Unterricht zur Betreuung kommen, hat sich für Laura, Melanie, Patrick, Telson, Enes und Loren wie selbstverständlich in den Wochenablauf eingefügt. "Es ist ein tolles Erlebnis und eine gute, harmonische Gemeinschaft”, lobt Ursula Steinhoff nun ihrerseits die noch kleine Runde, in der sich verschiedene Kulturkreise treffen.
Eltern und Jugendliche, die sich für das Betreuungsangebot der Caritas in der Petri-Hauptschule Werl interessieren, können sich mit Koordinatorin Sandra Hollek in Soest, Osthofenstraße 35a unter Telefon 02921 / 35 90-55 in Verbindung setzen.